Praxisalltag

In den letzten Monaten bzw. bereits beginnend mit der Corona-Pandemie hat sich die Stimmung in den Ordinationen gewandelt. Patientinnen und Patienten treten zum Teil sehr fordernd auf und wollen umgehend eine Lösung für ihr gesundheitliches Problem. Das ist ja im Grunde auch noch völlig nachvollziehbar. Doch die Art und Weise wie mittlerweile mit den Arzthelferinnen und auch zum Teil mit uns gesprochen wird, wenn eine Behandlung nicht sofort und anders als vom Patienten/der Patientin gewünscht abläuft, ist nicht mehr tragbar. Das Ordinationspersonal wird zum Teil beschimpft und als inkompetent dargestellt und es besteht keinerlei Verständnis, dass auch wir nicht 24/7 in der Ordination sein können.  

Tagtäglich stehen wir als Ärztinnen und Ärzte sowie unsere Mitarbeiter vor riesigen Herausforderungen. Die Ordinationsfrequenz hat enorm zugenommen, dafür gibt es mehrere Gründe. Ein Grund ist natürlich die angespannte Situation, die durch unbesetzte Kassenstellen entstanden ist. Einige Kolleginnen und Kollegen müssen diese Lücken füllen und das ist einfach nicht zu 100 Prozent möglich. Hinzu kommt dann der Umstand, dass Patientinnen und Patienten mit jeglichem Problem in die Ordination kommen, obwohl in vielen Fällen ein altbewährtes Hausmittel völlig ausgereicht hätte. Eine Einschätzung durch uns Ärzte und Ärztinnen wäre gar nicht notwendig. Sie vertrauen immer weniger auf das eigene Einschätzungsvermögen und wollen eine Expertenmeinung und im besten Fall ein Medikament oder eine Behandlung, die in Sekundenschnelle hilft. Es entsteht das Gefühl, dass viele für die eigene Gesundheit keine Verantwortung mehr übernehmen wollen. Die Erwartungshaltung der Patient:innen passt einfach nicht mit den realen Bedingungen in den Ordinationen überein und so entsteht diese angespannte und unangenehmen Situation. Ein ähnliches Bild ergibt sich sicher auch bei den Kolleginnen und Kollegen in den Spitalsambulanzen.

Die Corona-Pandemie hat sicherlich in den letzten zwei Jahren das Gesundheitswesen deutlich verändert. Speziell die Erschöpfung auf allen Seiten – sowohl intra- als auch extramural und auch auf Patientenseite – haben Spannungen entstehen lassen, die es gilt wieder abzubauen. Wir müssen offen und kommunikativ auf die Patient:innen zugehen, ihr Verantwortungsbewusstsein schärfen und ihnen Vertrauen in ihr eigenes Körpergefühl zurückgeben. Ziel muss es sein, dass Verständnis auf beiden Seiten entsteht und allen klar wird, dass wir nur gemeinsam an der Gesundheit arbeiten können. In keiner Ordination wird sich ein Arzt oder eine Ärztin sowie Personal finden, die den Menschen, die die Praxis aufsuchen, nicht helfen wollen. Ein Wort, dass in allen Lebensbereichen sofort als erstes genannt wird, wenn es um ein Miteinander geht - RESPEKT. Nur mit Respekt und Verständnis können wir eine Ebene schaffen, auf der sich der Patient/die Patientin verstanden fühlt und auch wir Medziner:innen und unser Ordinationspersonal eine Arbeitsatmosphäre haben, die uns gut und gerne arbeiten lässt.

Die Ärztekammer arbeitet bereits intensiv im Hintergrund an einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne, um das Bewusstsein der Patientinnen und Patienten zu schärfen und allen klar zu machen: Gesundheit. Das sind wir alle zusammen.