VORARLBERG, VERHÜTUNG

Seit dem Projektstart von „Informiert Verhüten in Vorarlberg“ im vergangenen Herbst wurden schon mehr als 1.000 Frauen erreicht.

Das Pilotprojekt „Informiert Verhüten in Vorarlberg“ (INVVO) wird von Mädchen und Frauen im Land sehr gut angenommen. Das zeigt die Auswertung der bisherigen Daten nach den ersten drei Monaten. Durchgeführt wird INVVO von femail und aks gesundheit GmbH im Auftrag des Gesundheits- und Sozialministeriums, unterstützt wird das Projekt von der Vorarlberger Ärztekammer, Apothekerkammer und dem Verein Amazone.

Seit Projektstart im Oktober vergangenen Jahres haben schon mehr als 800 Frauen unterschiedlichen Alters nach einem Clearing-Termin ihren INVVO-Pass erhalten, mit dem sie sowohl Verhütungsberatung als auch Verhütungsmittel kostenlos erhalten können. Von diesen haben bereits etwa 50 Frauen eine solche Beratung in Anspruch genommen, an die 200 Frauen haben bereits ihr Verhütungsmittel erhalten. Und wöchentlich kommen neue Interessentinnen hinzu.

„INVVO ist ein wichtiger Meilenstein, um Frauen einen kostenfreien Zugang zu Verhütungsberatung und Verhütungsmitteln zu ermöglichen und legt den Grundstein für mehr Chancengerechtigkeit und selbstbestimmte Entscheidungen in der Familienplanung“, sagt Georg Posch, Geschäftsführer der aks gesundheit GmbH. „Es ist ein wegweisendes Modellprojekt, das nicht nur die Gesundheit von Frauen stärkt, sondern auch wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse für zukünftige Maßnahmen zur Förderung der reproduktiven Gesundheit liefert.“

Mit dem Forschungsprojekt INVVO wird nämlich untersucht, wie sich die Gesundheitsversorgung von Frauen verändert, wenn sie Verhütungsberatung und Verhütungsmittel kostenfrei erhalten. Dazu werden im Rahmen des Pilotprojekts Informationen und Daten gesammelt und wissenschaftlich ausgewertet. Das Projekt läuft bis längstens Ende 2026 und wird vom Gesundheitsministerium mit maximal 950.000 Euro gefördert.

Erster Einblick in die Daten
„In den ersten Monaten des Projekts wurde deutlich, dass besonders Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren sehr gut von INVVO erreicht wurden“, sagt Lea Putz-Erath, Geschäftsführerin von femail. Allerdings zählen jüngere Mädchen zu den besonderen Zielgruppen des Projekts. Um diese künftig besser zu erreichen, steigt nun auch der Verein Amazone sowohl mit Clearing als auch mit Verhütungsberatung in das Projekt ein. Und für Frauen mit Migrationshintergrund werden die sprachlichen Barrieren im femail durch spezifische Informationstermine mit Dolmetscherinnen weiter reduziert.

„Für ihre Teilnahme an dem Pilotprojekt haben die Mädchen und Frauen bisher vor allem drei Gründe genannt“, zählt Putz-Erath auf:

  1. Sie wollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Kosten für Verhütunggesehen, als Gesundheitsleistung anerkannt und in weiterer Folge von deröffentlichen Hand übernommen werden.
  2. Sie wollen das finanzielle Risiko, falls Langzeitverhütung nach wenigenMonaten wegen Nebenwirkungen entfernt werden muss, reduzieren.
  3. Persönliche und finanzielle Gründe haben bisher eine sicherereVerhütungsmethode nicht möglich gemacht.

Interessant ist auch das bisherige Interesse an den verschiedenen Verhütungsmitteln: Zwei Drittel der INVVO-Teilnehmerinnen bevorzugen Mittel für eine Langzeitverhütung, nur ein Drittel interessiert sich vorwiegend für Kurzzeitverhütung. „Im österreichweiten Verhütungsbericht aus dem vergangenen Jahr ist dieses Verhältnis umgekehrt“, sagt Putz-Erath. Warum, muss noch erhoben werden. Was ebenso auffällt: Das Interesse an Verhütung gilt mehr der Empfängnisverhütung und weniger der Verhütung von sexuell übertragbaren Erkrankungen. „Hier müssen wir nicht nur Mädchen und Frauen, sondern sicher auch Burschen und Männer künftig noch stärker sensibilisieren“, sagt Putz-Erath. Was ebenfalls noch untersucht werden muss: Bisher ist das generelle Interesse am Angebot – sowohl für kostenfreie Verhütung als auch für Verhütungsberatung – größer als die tatsächliche Nachfrage.

„INVVO zeigt jedenfalls, dass der Zugang zu kostenloser Verhütungsberatung und Verhütungsmitteln für die Gesundheit und Selbstbestimmung von Frauen wichtig ist“, sagt Projektleiterin Heike Sprenger von der aks gesundheit GmbH. „Wir freuen uns sehr, unsere Projektpartner:innen in so einem wichtigen Thema unterstützen zu können und einen Beitrag zur Stärkung der Frauengesundheit zu leisten. Es ist überaus wichtig, hierzu innovative Ansätze zu entwickeln, um reproduktive und sexuelle Gesundheit nachhaltig zu fördern.“

Ähnlich argumentiert auch Frauenarzt Nicholas Landowski, Obmann der Fachgruppe Gynäkologie in der Vorarlberger Ärztekammer: „Mir gefällt der moderne und innovative Grundgedanke zu diesem österreichweit einzigartigen Projekt in Vorarlberg: Es wird ein klares Zeichen pro Selbstbestimmung und Gerechtigkeit in puncto Verhütungsmethodik gesetzt und gleichzeitig auch wertvolle wissenschaftliche Daten für die Zukunft gewonnen.“ Wichtig ist für Landowski auch die erneute Sensibilisierung für das Thema Verhütung: „Vergessen wir nicht, wie schwierig es sein kann, in verschiedenen Lebensphasen und -situationen stets die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ INVVO leistet dabei qualifizierte Unterstützung.

Kinderärztin Alexandra Rümmele-Waibel, Obfrau der Kurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Vorarlberger Ärztekammer, wirft einen Blick die Zukunft: „Dank der guten Zusammenarbeit aller Systempartner ist das Pilotprojekt INVVO in Vorarlberg sehr gut gestartet, spricht viele Mädchen und Frauen an und dürfte auch wissenschaftlich ein Erfolg werden. Deshalb hoffe ich, dass dieses Projekt nach Abschluss seiner Pilotphase in Vorarlberg auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet wird.“ Das wäre dann auch ein politischer Erfolg für sexuelle Gesundheit und Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen.

Die Forschung zum Projekt erfolgt unter Federführung der Gesundheit Österreich GmbH. Für die administrative und kaufmännische Verwaltung und Abwicklung zeichnet die aks gesundheit GmbH verantwortlich. Das Fraueninformationszentrum femail hat das Projekt konzipiert und bietet psychosoziale Beratungsleistungen an. Die medizinische Verhütungsberatung wird von niedergelassenen Fachärzt:innen der Gynäkologie angeboten. Sie übernehmen schließlich auch das Verschreiben und Einsetzen der Verhütungsmittel. Weitere Projektpartner:innen sind die Vorarlberger Apothekerkammer und der Verein Amazone.