Arbeitsbedingungen in Spitälern müssen besser werden
VORARLBERG, SPITALSREFORM
Umstrukturierung zu Lasten der Ärzteschaft gefährdet Patientenversorgung
Es werde richtig viel Wirbel geben, aber man werde es durchziehen. So kündigt Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher im heutigen VN-Interview die geplante Strukturreform in Vorarlberger Spitälern an. „Die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte werden keinen Wirbel machen, solange die Maßnahmen nicht nur die Kostendämpfung zum Ziel haben, sondern auch nachhaltig die Arbeitsbedingungen verbessern“, sagt Hermann Blaßnig, Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Vorarlberger Ärztekammer.
"Die Arbeitsbedingungen stellen die größte Herausforderung für die Versorgungssicherheit dar“, sagt Blaßnig mit Verweis auf die aktuelle Spitalsärztebefragung: Für 60 Prozent der Befragten ist die Arbeit im Spital unangenehmer geworden. Fast 40 Prozent der Arbeitszeit muss für Administration statt für Patientenversorgung aufgewendet werden. Mangelnde Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit, zu lange Arbeitszeiten, zu viele Überstunden und Nachtdienste, Personalmangel und zunehmende Patientenströme verschlechtern die Arbeitsbedingungen so sehr, dass sich nur noch wenige Befragte vorstellen können, den Job im Spital bis zum Alter von 65 Jahren zu machen. (Details der Umfrage auf www.arztinvorarlberg.at/aek/public/politikblog-blassnig-umfrage)
„Land und Krankenhausmanagement kennen diese Ergebnisse, die nichts anderes als ein Hilferuf der Betroffenen sind“, sagt der Kurienobmann. Jetzt anzukündigen, dass man die „Spitalscampus“ genannte Strukturreform durchziehen werde, auch wenn es Wirbel gebe, lässt vermuten, dass dieser Hilferuf bewusst überhört wird, kritisiert Blaßnig: „Die Ärztekammer ist gerne bereit, alle Reformen zu unterstützen, die zu einer Verbesserung und Absicherung der medizinischen Versorgung beitragen, sofern die Rahmenbedingungen passen – dazu gehören bessere Arbeitsbedingungen.“
Natürlich ist es sinnvoll, Fachabteilungen an bestimmten Standorten zusammenzulegen. Nicht jedes Spital muss alle Leistungen anbieten, zumal die Häuser nur wenige Minuten voneinander entfernt sind. Es nützt aber nichts, kostengünstigere Strukturen zu schaffen, wenn die Arbeitsbedingungen dort nicht verbessert werden. „Da wird die Ärzteschaft nicht mitmachen“, sagt Blaßnig.
Die aktuelle Umfrage zeigt deutlich, dass der Spitalsärzte-Beruf unattraktiver wird. Schon heute ist es schwierig, Ärztinnen und Ärzte für die Krankenhäuser zu finden, noch schwieriger ist es, sie auch zu halten. Parallel dazu zeigt die Ärztebedarfsstudie des Landes ganz klar, dass es bis zum Jahr 2031 mehr als 70 zusätzliche Fachärzt:innen in den Vorarlberger Spitälern braucht, nur um den aktuellen Status quo in der Versorgung aufrecht erhalten zu können. Spardruck darf kein Argument sein, um die Versorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen. „Strukturreform ja, aber nur, wenn auch die Arbeitsbedingungen verbessert werden“, sagt Kurienobmann Blaßnig.