VORARLBERG, WARTEZEITEN

Kurienobfrau: Ursachen für lange Wartezeiten liegen bei Bund und ÖGK

Die Stimmung in den Wartezimmern der Vorarlberger Arztpraxen scheint sich einzutrüben. „In jüngster Zeit erreichen uns gehäuft Meldungen über einzelne aggressive Patientinnen und Patienten“, sagt Alexandra Rümmele-Waibel, Kurienobfrau der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Vorarlberger Ärztekammer. So mancher Ärger sei nachvollziehbar, immerhin seien die Patient:innen krankenversichert, bekämen aber teilweise bei Ärzt:innen mit Kassenvertrag keinen Termin oder aber sie müssten lange darauf warten. „Den Frust darüber bei der Ärzteschaft oder dem Ordinationspersonal abzuladen macht es aber auch nicht besser, außerdem trifft es die Falschen“, ersucht Rümmele-Waibel um mehr Verständnis für die angespannte Situation – die sich anhand von Zahlen erklären lässt.

Nach Angaben der Statistik Austria ist die Vorarlberger Bevölkerung von Ende 2019 auf Ende 2023 um gut drei Prozent auf etwa 410.000 Menschen gewachsen. Die Zahl der Kassenstellen hingegen ist in dieser Zeit konstant geblieben. Die Steigerungsrate bei den Arzt-Patienten-Kontakten allerdings ist mit sechs Prozent doppelt so groß gewesen: Für das Jahr 2023 haben Vorarlbergs Kassenärzt:innen mehr als 2,9 Millionen Frequenzen gemeldet. „Statistisch betrachtet heißt das: Jede und jeder Vorarlberger und Vorarlbergerin nimmt sieben Mal im Jahr die Leistung einer Kassenärztin oder eines Kassenarztes in Anspruch“, veranschaulicht die Kurienobfrau: „Das ergibt zusammengerechnet mehr als 69.000 Behandlungstage im Jahr, die von den Kolleginnen und Kollegen in den Kassenpraxen geleistet werden. Da ist es nur logisch, dass einige Ordinationen keine neuen Patient:innen mehr aufnehmen können beziehungsweise dass sich die Wartezeiten verlängern. Die Ärztinnen und Ärzte in den Praxen arbeiten am Limit, teils sogar schon über ihre Grenzen.“

9,5 Kassenstellen sind in Vorarlberg aktuell unbesetzt, für diese Stellen gibt es teilweise schon seit Monaten keine Bewerbungen. Ein Teil der unbesetzten Stellen kann mit erweiterten Job-Sharings kompensiert werden – dabei teilen sich zwei Ärzt:innen eine Kassenstelle und können dabei auch die Versorgungskapazität deutlich erweitern. Das reicht aber längst nicht aus: Die Ärztebedarfsstudie hat eindeutig aufgezeigt, dass ein kurzfristiger und massiver Ausbau der kassenärztlichen Kapazitäten erforderlich ist, nur um das bestehende Niveau der Versorgung in Vorarlberg zu halten.

Laut Kurienobfrau scheitert die Besetzung von Kassenstellen aber immer öfter an den starren Rahmenbedingungen, am zu hohen Patientenaufkommen sowie der dadurch bedingten aber weder von Ärzten noch von Patienten gewünschten „Massenmedizin“ in den Ordinationen. Die Situation für die Kassenmedizin zu verbessern liege aber nicht in der Hand der Ärzteschaft. „Die Österreichische Gesundheitskasse und die künftige Bundesregierung in Wien müssen endlich sinnvolle Reformen auf den Weg bringen, um den niedergelassenen Bereich zu stärken und auszubauen und damit die kassenärztliche Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern“, fordert Alexandra Rümmele-Waibel.