aus der Kammer
... aus der Kurie niedergelassene Ärzte
von Kurienobmann VP Dr . Harald Schlocker
Österreichweite
Landmedizin-Kampagne
Die Problematik um die Landme­
dizin inklusive der Hausapothe­
kendiskussion ist bekannt und wird
aktueller denn je. In fast allen Bun­
desländern – auch in Vorarlberg –
müssen Kassenstellen inzwischen
mehrfach und teilweise auch öster­
reichweit ausgeschrieben werden.
Ständig wachsende Bürokra­
tie, jeden zweiten oder dritten Tag
ein Nachtdienst, jedes zweite oder
dritte Wochenende Bereitschafts­
dienste, expandierende Spitalsam­
bulanzen und auch der Wegfall von
Hausapotheken lassen das Berufs­
bild des freien, selbstbestimmten
Arztes in der eigenen Praxis immer
mehr dahinschwinden. Und obwohl
in den nächsten zehn bis 15 Jahren
über die Hälfte der Kassen-Allge­
meinmediziner in Pension gehen
und immer weniger Jungmediziner
bereit sind, sich als Hausärzte nie­
derzulassen, ist die Politik bislang
nicht bereit, zur Attraktivierung des
Berufs beizutragen und damit den
drohenden Ärztemangel einzudäm­
men. Auch die Bürokratie in der
Kassenmedizin sinkt nicht, sondern
ufert aus und auch die Umsetzung
der dringend erforderlichen Aus­
bildungsreform mit Absolvierung
einer verpflichtenden, mindestens
einjährigen Lehrpraxis ist nicht in
Sicht. Dazu kommt die Ausdün­
nung der ländlichen Strukturen,
die hohe Arbeitsbelastung und die
geringe Familienfreundlichkeit des
Berufs - kein Wunder, wenn es im­
mer weniger Arztinnen und Ärzte
zur Niederlassung abseits der Städte
und Ballungsräume hinzieht. Und
während Landärzte zur Zeit noch
großteils männlich sind, wird der
Nachwuchs immer weiblicher, was
die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie zusätzlich erschwert.
Zur Sicherstellung der medizi­
nischen Versorgung auf dem Land
besteht also dringender Hand­
lungsbedarf. Die Bundeskurie der
Niedergelassene Ärzte führt daher
in den nächsten Wochen eine öster­
reichweite Kampagne mit starkem
spezifischen Bundesländer-Bezug
durch.
Zielsetzung dabei ist:
– Die Öffentlichkeit auf regionaler
bzw. Bundesländer-Ebene zum
Thema drohende Versorgungs­
engpässe mit guten und plausib­
len Argumenten informieren und
sensibilisieren;
– Kandidaten für den Nationalrat
und gegebenenfalls auch ande­
re Politiker vor den NR-Wahlen
zu verbindlichen Aussagen zum
Thema bewegen;
– Nach den NR-Wahlen konsequent
auf Umsetzung der Maßnahmen
bzw. Zusagen drängen.
Maßnahmen und Forderungen
zur Absicherung der landärztli-
chen Versorgung:
• flexible und familienfreundliche
Arbeitszeitmodelle
• Sicherstellung bestehender und
Einrichtung neuer Hausapothe­
ken
• Unterstützung bei der Organisa­
tion von Ordinations- und Wohn­
raum
• weniger Bürokratie und ungestör­
te ärztliche Therapiefreiheit
• Einführung einer verpflichtenden
mindestens einjährigen Lehrpra­
xis
Im Rahmen dieser Kampagne
werden wir in unserem Bundesland
auch nochmals auf das Umfrage­
ergebnis bei der Turnusärztebefra­
gung hinweisen, wo 82 Prozent der
befragten Turnusärzte sich bereits
jetzt sicher waren, dass sie sich trotz
abgeschlossener Turnusausbildung
und jus practicandi nicht um eine
Stelle als Allgemeinmediziner be­
werben werden. Diese Entwicklung
ist dramatisch, weil sich der zuneh­
mende Ärztemangel gerade im Be­
reich der Praktiker dadurch noch
zusätzlich verschärfen wird.
Ein Grund für die ablehnende
Haltung ist aus Sicht der Ärztekam­
mer die Tatsache, dass Turnusärzte
das Berufsbild des praktischen Arz­
tes gar nicht wirklich kennen, weil
sie während ihrer Ausbildung nie
in einer Praxis arbeiten. Die Kam­
mer wird daher nochmals die Ein­
führung der Lehrpraxis als Teil des
Turnus und die Finanzierung durch
das Land Vorarlberg im Rahmen ei­
ner Modellregion fordern. Lernen
die Turnusärzte die Praxisarbeit
erst einmal kennen, werden sicher­
lich wieder mehr als bisher Gefallen
daran finden und sich für eine Zu­
kunft als Land- bzw. Hausarzt ent­
scheiden.
Es bleibt zu hoffen, dass die Po­
litik rasch Maßnahmen setzt, damit
sich auch in Zukunft Jungmedizi­
ner für diesen Beruf entscheiden.
Kurienobmann VP
Dr. Harald Schlocker
Drohende Engpässe bei der medizinischen Versorgung auf dem Land
Arzt im Ländle
08-2013
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