Der Praxisalltag in einer Hausarztordination hat
sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Hohe
Arbeitsbelastung, hohe Patientenfrequenzen, stei-
gende Bürokratiebelastung, niedrige Abgeltung der
Ordinationsleistung sowie steigender ökonomischer
Druck sind einige der Faktoren, die Jungärzte davon
abhalten, diesen Beruf ausüben zu wollen.
Diesen Fakten steht die Erwartungshaltung der
Nachwuchsgeneration gegenüber: Höchste Priorität
haben die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und
die Pflege von Freundschaften. Die Sinnhaftigkeit
von Arbeitsabläufen und Arbeitsinhalten wird kri-
tisch geprüft.
Das traditionelle Haus- oder Landarztbild ist
mit dieser Erwartungshaltung schwer vereinbar. Es
braucht neue Organisationsformen, neue flexible
Arbeitszeitmodelle und einen Abbau der überbor-
denden Bürokratie mit dem Ziel, mehr Zeit für die
Patientenbetreuung zu haben.
Und wie will die Gesundheitspolitik die Sache
angehen? Im Bundesministerium für Gesundheit
besteht durchaus das Bewusstsein, dass es zu einem
ärztlichen Versorgungsmangel kommen wird. Dies
ist einer von mehreren Gründen, weswegen der Um-
bau der Primärversorgung vorbereitet wird. Diese
soll nach Vorstellung des Gesundheitsministeriums
und auf Beschluss der Bundes-Zielsteuerungskom-
mission vom November 2013 künftig nicht mehr aus
ärztlichen Einzelpraxen bestehen, sondern aus inter-
disziplinären, multiprofessionellen Versorgungszen-
tren mit verbindlicher Zusammenarbeit und dem
Ziel, überfüllte Spitalsambulanzen und stationäre
Versorgungseinrichtungen zu entlasten. Die dafür
gedachten notwendigen Gesundheitsberufe müs-
sen laut Konzept erst entwickelt werden, ebenso das
Vertragsrecht und das Bezahlungssystem. Aus Sicht
des Hauptverbandes ist dieses neue Konzept der Pri-
märversorgung eine Option neben dem Gesamtver-
tragssystem ein Einzelvertragssystem aufzubauen.
Näheres dazu auch auf Seite 5-6.
Ob mit dieser Konzeption der Forderung der
Nachwuchsgeneration nach einer neuen Berufswelt
entsprochen wird, kann derzeit nicht beurteilt wer-
den. Skepsis ist allemal angebracht, da die Realisie-
rung von Schreibtischprojekten ohne anschauliches
Vorbild schwierig sein wird.
Der ärztliche Nachwuchs hat einen Trumpf in
der Hand, die Macht der Knappheit. Damit wird
die Selbstbestimmung über die eigene Zeit besser
durchsetzbar sein. Ohne Berücksichtigung dieser
Tatsache sind politische Konzepte sinnlos und die
Konzeptarbeit vergeudete Zeit.
Ihr Präsident
MR Dr. Michael Jonas
Hausarzt – Situation und Zukunft
C e t e r u m
Arzt im Ländle
04-2014
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