AiL Juni 2021

Zellteilungsprozess in schnell wach- senden Tumoren unterbindet. Da Gehirnzellen im Allgemeinen keine Zellteilung durchlaufen, wirkt Gem- citabin nur auf die Tumorzellen. Neue Methode verschont Nervenzellen „Die Glioblastom-Behandlung, die derzeit in den Kliniken eingesetzt wird, schädigt Krebs- und Nerven- zellen in gleichem Maße. Mit der Gemcitabin-Ionenpumpe bekämp- fen wir jedoch nur die Krebszellen, gleichzeitig werden Neuronen nicht beschädigt. Außerdem zeigen un- sere Experimente an kultivierten Glioblastomzellen, dass mit der Io- nenpumpe mehr Krebszellen abge- tötet werden als mit der manuellen Behandlung“, sagt Linda Waldherr, Universitätsassistentin an der Me- dizinischen Universität Graz. Sie hat die soeben im Fachjournal „Advan- ced Materials Technologies“ pub- lizierte Studie gemeinsam mit den Forschenden der Universität Lin- köping durchgeführt. Wenn die Ionenpumpe den Wirkstoff Gemcitabin aus einem Elektrolytreservoir in Zellen oder einen Tumor transportiert, wird nur sehr wenig Strom verwendet, um das positiv geladene Medikament durch den Ionentransportkanal zu „pumpen“. Dieses Verfahren wird als Elektrophorese bezeichnet. Dass die Ionenpumpe nur wenig Strom benötigt, um das Chemotherapeuti- kum zu befördern, ist ein Vorteil, da dadurch Neuronen nicht aktiviert und somit ungewollte Nervensigna- le verhindert werden. Der niedrige Strom und die niedrige Spannung bedeuten auch, dass eine mögliche therapeutische Technologie keine großen Stromversorgungen oder Batterien für den Betrieb benötigt. Nächste Schritte - weitere Tests Rainer Schindl, Biophysiker an der Medizinischen Universität Graz und Mitautor der Studie, beschreibt wei- tere Vorteile: „Der Druck im Gehirn ist extrem empfindlich. Wenn man nun eine Ionenpumpe zum Trans- port des Medikaments verwendet, anstatt eines flüssigkeitsbetriebenen Geräts, wird der Hirndruck nicht beeinflusst. Außerdem wird die Do- sierung elektrisch gesteuert, was die Abgabe des Chemotherapeutikums äußerst präzise macht. Der nächste Schritt wird sein, die Ionenpumpe zu nutzen, um verschiedene Che- motherapeutika zu evaluieren, die bisher zu starke Nebenwirkungen hatten oder die Blut-Hirn-Schran- ke nicht passieren konnten“, sagt Schindl. DerWissenschaftsfonds FWF hat das Forschungsprojekt im Rahmen des 1.000-Ideen-Programms mitfi- nanziert, ebenso wie die Österreichi- sche Akademie der Wissenschaften, die Knut-und-Alice-Wallenberg- Stiftung sowie die Schwedische Stif- tung für Strategische Forschung. Publikation: Linda Waldherr, Maria Seitanidou, Marie Jakešová et al.: Targeted chemotherapy of glioblastoma spheroids with an iontronic pump, in: Advanced Materials Technologies 2021 www.medak.at Foto: Margret Kohler-Heilingsetzer Donnerstag, 17.06.2021 bis Samstag, 19.06.2021 OÖ Psychotherapietage 2021 Emotion(en) in sich verändernden Gesellschaften Eine Kooperation von: ONLINE Arzt im Ländle 06-2021 | 27

RkJQdWJsaXNoZXIy MTY1NjQ=