AiL Juni 2021
Trotz Operation und anschließender Behandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung kommt es bei der Mehrzahl der Betroffenen zu einemWiederauftreten von bösartigen Hirntumoren. Forscherteams in Graz und Schweden ist es in Experimenten mit Krebszellen gelungen, mithilfe einer Ionenpumpe Chemotherapeutika gezielt zu verabreichen. Das soll zu weniger schweren Nebenwirkungen bei der Therapie führen. Die vielversprechenden Ergebnisse wurden im Fachjournal Advanced Materials Technologies veröffentlicht. K önnte es eine bahnbre- chende Idee sein? Ein Ge- hirnimplantat soll Hirn- tumore gezielt bekämpfen und damit schwere Nebenwirkungen verhindern. Gemeinsam mit For- schenden aus Schweden sind Silke Patz, Linda Waldherr und Rainer Schindl (v.l.) mit ihrem Projekt, das durch das 1.000-Ideen-Pro- gramm des FWF kofinanziert wird, auf einem guten Weg. „Das ist das erste Mal, dass eine Ionenpumpe als mögliche Metho- de zur Behandlung von bösartigen Hirntumoren getestet wurde. Wir haben Krebszellen im Labor verwen- det, und die Ergebnisse sind äußerst vielversprechend. Es wird aber wahr- scheinlich noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis wir diese neue Techno- logie in der Behandlung von Hirntu- moren einsetzen können“, erläutert der Physiker Daniel Simon vom La- bor für organische Elektronik an der Universität Linköping in Schweden. Für ihren neuen Ansatz zur The- rapie von Hirntumoren kooperieren interdisziplinäre Forschergruppen aus Österreich und Schweden. An der Medizinischen Universität Graz haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter aus den Bereichen Biophysik und Neurochirurgie ihr Wissen für ihre Experimente geteilt. Dabei wurden Zellen von Glioblas- tomen verwendet, der häufigsten und aggressivsten Krebsart, die im Gehirn entstehen kann. Wenn ein Hirntumor chirurgisch entfernt wird, bleiben oft kleine Teile des Tumors zurück, die zwischen den Gehirnzellen eingebettet sind. Selbst eine hochpräzise Operation kann diese Zellen nicht entfernen, ohne das umliegende gesunde Hirngewe- be zu schädigen. Infolgedessen wird eine Strahlen- und Chemotherapie eingesetzt, um das Wiederauftreten des Tumors zu verzögern. Ionenpumpe leitet Medikamente gezielt ins Gehirn In den vergangenen Jahrzehnten wurde eine große Vielfalt an Che- motherapeutika entwickelt. Diese Medikamente werden meist entwe- der intravenös oder in Tabletten- form verabreicht. Um das Gehirn zu erreichen, müssen sie zunächst über den Blutkreislauf im System verteilt werden und dann die Blut-Hirn- Schranke passieren. Diese Schranke verhindert allerdings, dass unzählige Substanzen, die im Körper im Blut zirkulieren, auch ins Gehirn gelan- gen. Dies gilt ebenso für viele Che- motherapeutika, weshalb nur we- nige Medikamente, die gegen diese Tumoren wirken könnten, schluss- endlich auch an ihren Wirkungs- ort gelangen und dort zum Einsatz kommen. Auf Schalen, in denen vasku- larisierte Gehirntumore kultiviert werden, sind Ionenpumpen (trans- parente Plastikröhrchen) installiert, die den Wirkstoff über elektrische Ansteuerung in die Zellen transpor- tieren. Quelle: Linda Waldherr Die Forscherteams der Medizini- schen Universität Graz und der Uni- versität Linköping haben nun eine Methode entwickelt, bei der mithilfe einer implantierten Ionenpumpe die Blut-Hirn-Schranke umgangen und Gemcitabin – ein extrem wirksames Chemotherapeutikum – hochpräzi- se ins Gehirn geleitet werden kann. Gemcitabin wird derzeit zur Be- handlung von Krebserkrankungen der Bauchspeicheldrüse, der Blase und der Brust eingesetzt, wo es den Implantat soll Therapie von Hirntumoren verbessern aUs DEr mEDI z IN www.arztakademie.at/velden VELDEN 22. – 28.8.2021 24. Ärztetage praxisorientiert - interaktiv - intensiv Ankünder_Velden_2021.indd 1 15.04.20 13:56 26 | Arzt im LändLe 06-2021
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