AiL Mai 2021

Eine optimale Verteilung der Spenderorgane an die PatientInnen mit der größten Dringlichkeit hat in der Transplantationsmedizin höchste Priorität. In einem groß angelegten internationalen Kollaborationsprojekt zwischen der Medizinischen Universität Wien und der Mayo Clinic in Rochester (USA) gelang es ForscherInnen von der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie sowie der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien, durch die Integration mehrerer Laborparameter die Vorhersage des Überlebens auf der Warteliste für eine Lebertransplantation wesentlich zu verbessern. Lebertransplantation: Bessere Methode zur Reihung auf Warteliste D ie Zuteilung von Leber- Organen für PatientInnen auf der Transplantations­ warteliste erfolgt nach medizini­ scher Dringlichkeit. Die PatientIn­ nen werden derzeit anhand eines Punktesystems bestehend aus 3 oder 4 (+/- Natrium) Blutwerten (Model for End Stage Liver Disease, kurz MELD Score) gereiht. In den vergangenen Jahren wurden jedoch maßgebliche Limitationen dieses MELD-basierten Systems aufge­ zeigt und die Sterblichkeit auf der Warteliste liegt nach wie vor bei etwa 20 Prozent. Eine besondere Herausforde­ rung stellt in diesem Zusammen­ hang die Identifikation von Pati­ entInnen mit hohem Risiko für Komplikationen durch den Pfort­ aderhochdruck oder das akut-auf- chronische Leberversagen dar, da das Risiko für diese akut lebensbe­ drohlichen Zustände nur unzurei­ chend durch den MELD abgebildet wird. „Wir haben nun versucht, die bestehenden SchwächendesMELD- basierten Allokationssystems gezielt zu beheben und PatientInnen mit einem hohen Sterblichkeits-Risiko trotz vergleichsweise niedrigem MELD-Score zu identifizieren“, sagt Studienleiter Patrick Starlinger von der Universitätsklinik für Allge­ meinchirurgie der MedUni Wien, der aktuell auch an der Mayo Clinic tätig ist. „Besonders wichtig war es uns, unsere Erkenntnisse auch in­ ternational zu bestätigen und somit die potentielle Verbesserung der Organvergabe an anderen Trans­ plantationszentren bzw. in anderen Transplantationssystemen zu doku­ mentieren.“ Einfacher Bluttest zur Risikobewertung Der von Willebrand Faktor (vWF) ist ein zentraler Bestandteil des Blutgerinnungssystems, wobei der vWF-Antigen-Spiegel im Blut je­ doch auch einen exzellenten Mar­ ker für den Pfortaderhochdruck darstellt. Ein großer Vorteil ist es dabei, dass sich der vWF-Antigen- Wert ohne wesentlichen Aufwand im Rahmen einer Blutabnahme bei der Listung der PatientInnen bestimmen lässt. Ebenso ist das C- reaktive Protein (CRP) ein leicht messbarer Routineparameter, der entzündliche Prozesse im Körper von leberkranken PatientInnen anzeigen kann, noch bevor Infekti­ onen entstehen oder ein akut-auf- chronisches Leberversagen eintritt. In der Studie von Patrick Star­ linger, die in Zusammenarbeit von ForscherInnen der Medizinischen Universität Wien und der Mayo Clinic in Rochester entstand, zeigt sich, dass die Erweiterung des ak­ tuell verwendeten MELD-Scores durch den vWF-Antigen-Spiegel und den CRP-Wert die Vorhersage der Sterblichkeit auf der Wartelis­ te deutlich verbessert. Dies konnte auch in der amerikanischen Pati­ entInnengruppe bestätigt werden. „Wir konnten zeigen, dass beide Blutwerte pathophysiologische Prozesse widerspiegeln, die die Entwicklung von akut lebensbe­ drohlichen Komplikationen auf der Warteliste für eine Lebertrans­ plantation antreiben. Nachdem wir vWF-Ag und CRP in unseren frü­ heren Arbeiten als wertvolle Mar­ ker für Pfortaderhochdruck und Entzündungsprozesse bei Patien­ tInnen mit Leberzirrhose etablieren konnten, ist mit dieser Studie ein weiterer wichtiger Schritt für die Anwendung dieser Bluttests in der PatientInnenversorgung gelungen.“ sagt Mattias Mandorfer, Leiter des Hepatischen Hämodynamiklabors an der Medizinischen Universität Wien. Somit könnte diese Studie ei­ nen wesentlichen und nachhaltigen Einfluss auf das bestehende Leber- Organverteilungssystem haben und letztlich die Sterblichkeit von Pati­ entInnen auf der Warteliste maß­ geblich reduzieren. Ärztekammer Vorarlberg www.arztinvorarlberg.at Arzt im Ländle 05-2021 | 25

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