AiL Mai 2021

Weniger Belastungsstörungen und Ängste Das Intensivtagebuch kann den Heilungsprozess unterstützen, denn der geht oft weit über den Aufent­ halt auf einer Intensivstation hin­ aus: Die Erfahrungen und mehrere internationale Studien zeigen, dass Symptome von psychischen Belas­ tungen – wie Ängste, Depressionen und posttraumatische Belastungs­ störungen – durch das Lesen des Tagebuches (bei Patientinnen und Patienten) bzw. durch das Schrei­ ben (bei Angehörigen) reduziert werden. „Natürlich ist keiner im Team oder von den Angehörigen dazu verpflichtet, Tagebucheinträge zu verfassen. Manchmal erlaubt es die Zeit einfach nicht, etwas zu sch­ reiben. Es ist ein Angebot“, erklären Maria Brauchle und Magdalena Vogt. „Und es müssen auch keine handschriftlichen Einträge sein, es können genauso Kinderzeichnun­ gen hineingelegt werden. Angehö­ rige haben auch die Möglichkeit, zu Hause zu schreiben. Manche möchten vielleicht sehr private Er­ eignisse festhalten und diese erst im Nachhinein ins Intensivtagebuch einheften.“ Vorgesehen ist, ein Tagebuch dann anzulegen, wenn die Beat­ mungsdauer oder Sedierung vo­ raussichtlich mehr als drei Tage dauern wird sowie bei vorüberge­ hender Bewusstlosigkeit. Besonders wenn mit einem längeren Aufent­ halt auf Intensiv und weiterfüh­ renden Stationen gerechnet wird – beispielsweise bei Patientinnen und Patienten mit Schädelverletzungen oder mit einem schweren Polytrau­ ma – ist ein Tagebuch sinnvoll. Kein Teil der Patientenakte Die Einträge wie auch das gesamte Tagebuch stellen keine Form einer Behandlungsdokumentation im Sinne der gesetzlichen Bestimmun­ gen dar. Diagnosen und medizi­ nische Prognosen unterliegen der Schweigepflicht. Das Intensivtage­ buch ist daher nicht Bestandteil der Patientenakte. Die Aufzeichnungen dienen ausschließlich dazu, Erleb­ nisse und Eindrücke während der Zeit auf der Intensivstation später besser nachvollziehen können. Im Todesfall wird das Tagebuch an die Angehörigen ausgehändigt. „Ich kenne den Tagesablauf auf einer Intensivstation ja von der an­ deren Seite schon seit 17 Jahren“, betont Hannes Schönacher. „Selbst einmal zu jenen zu gehören, die in­ tensivmedizinisch betreut werden müssen, ist natürlich eine beson­ dere Erfahrung. Das Tagebuch ist wertvoll für meine Arbeit – allein schon deshalb, weil ich damit auch sämtliche anderen Stationen auf demWeg zurück ins Leben kennen­ gelernt habe.“ Der Intensivpfleger hat sein Tagebuch selbst weiterge­ führt, als er dazu in der Lage war, hat seine Erfolge und Übungen während der Reha festgehalten. „Ich bin sehr stur. Ich wollte und will wieder fit werden. Es wird jeden Tag besser. Auch zwischendurch blätte­ re ich das Tagebuch immer wieder durch. Es gibt mir einfach etwas Handfestes, auf das ich zurückgrei­ fen kann. Seit Anfang des Jahres bin ich so weit, dass ich Schritt für Schritt wieder in den Arbeitspro­ zess im Krankenhaus eingebunden werden kann. Jeden Monat wird es ein bisschen mehr.“ Übrigens – vergangene Woche war Hannes Schönacher zum ersten Mal wieder klettern. Ärztekammer Vorarlberg www.arztinvorarlberg.at A-6830 Rankweil T +43 5522 39737 info@webmed.at www.webmed.at „Die große Verlässlichkeit, der sehr hohe Standard sowie die äußerst freundliche Betreuung durch alle Mitarbeiter­ Innen findet man in diesem Ausmaß wirklich selten!“ Dr. Adelcy Telser-Pittrich, MSc FÄ für Psychiatrie Dornbirn Arzt im LändLe 05-2021 | 17

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