AiL Mai 2021

Aus VORARLBeRG Mit Anfang April gibt es auf der Schwerpunktabteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am LKH Feldkirch das Angebot, Patientinnen und Patienten mit einem Tagebuch ganz persönlich zu begleiten: das „Intensivtagebuch“ ist ein Dokument, das während eines Intensivaufenthaltes nach und nach entsteht. Während du schliefst – Intensiv- tagebuch schließt Erinnerungslücken D ie Einträge werden – je nach verfügbarer Zeit und Anlass – vom ärztlichen und pflegenden Personal sowie von Angehörigen verfasst. Die Patientin oder der Patient kann das Inten­ sivtagebuch später lesen und da­ mit persönliche Erfahrungen und Erlebnisse in der Zeit während des Spitalsaufenthaltes besser verste­ hen. Es unterstützt nachweislich bei der Verarbeitung dieser Ausnahme­ situation und hilft dabei, Erinne­ rungslücken zu schließen. Zwei Monate lang war Hannes Schönacher „ohne Erinnerung“ – wie er es nennt. Zwei Monate lang ist er, der selbst Intensivpfleger am Landeskrankenhaus Feldkirch ist, nach einem Unfall intensivmedizi­ nisch betreut worden. Zwei Monate lang haben Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Therapeutinnen und Therapeuten, Angehörige und Freunde sein Leben dokumentiert. In einem „Intensivtagebuch“, das nun aufgrund der guten Erfahrun­ gen per Anfang April 2021 ganz offi­ ziell auf der Station eingeführt wird. Spitalsaufenthalt besser verstehen Das Intensivtagebuch an sich ist keine neue Erfindung, sondern im deutschen Raum bereits wissen­ schaftlich auf seine Wirksamkeit hin untersucht worden. „Es unter­ stützt Patientinnen und Patienten nach dem Intensivaufenthalt bei der Verarbeitung dieser Zeit und hilft auch dabei, Erinnerungslücken zu schließen“, erklären die Initia­ torinnen am LKH Feldkirch Maria Brauchle und Magdalena Vogt. „Die gesamte Situation des Aufenthaltes kann im Anschluss besser verstan­ den und nachvollzogen werden.“ Die beiden Intensivpflegerinnen waren im Team, das sich auch um Hannes Schönacher gekümmert hat: „Wir waren eigentlich erst in der Planungsphase des Tagebuchs. Eine engagierte Kollegin wusste da­ von und ist an uns herangetreten, ob wir bei Hannes das Tagebuch nicht mal ausprobieren könnten.“ So hat das Team mit den ersten Einträgen für den Verunglückten begonnen. Dieser selbst kann sich nämlich an gar nichts mehr aus die­ ser Ausnahmezeit erinnern: „Nicht einmal an die Tage vor meinem Un­ fall“, erzählt er. Passiert ist das Unglück bei einer Klettertour in der Schweiz. Hannes Schönacher hat fast 20 Jahre Erfah­ rung in dem Sport und schon viele Touren gemacht. Am Unglückstag im Juni 2020 sind sein Kletterfreund und er aus rund 15 Meter Höhe über felsiges Gelände abgestürzt: „Ich bin schwer verletzt im Bach liegen geblieben. Mein Kollege, der leichter verletzt war, hat mich über Wasser gehalten. Er konnte nach Hilfe schreien, rund eine halbe Stunde später hat man uns gebor­ gen. Ab diesem Zeitpunkt war ich ohne Bewusstsein.“ Ein schweres SchädelHirnTrauma mit Blutun­ gen und mehrfache Knochenbrü­ che haben den Intensivpfleger ans Bett gefesselt: zwei Wochen auf der Intensivstation in Feldkirch, da­ nach auf der Neurologie in Rank­ weil: „Auch an Rankweil habe ich bis heute keine Erinnerung. Nicht einmal Bruchstücke. Nur durch das Intensivtagebuch weiß ich, wie ich mich in der Zeit verhalten habe, wie es mir körperlich ergangen ist, wie und wann ich Fortschritte gemach­ te habe. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich offensichtlich bald wieder in der Lage war, blöde Sprüche loszulassen“, lacht Hannes Schö­ nacher. „Es hat also auch amüsante Ereignisse gegeben, und das freut mich besonders.“ das LKH Feldkirch hat bereits gute erfahrungen mit dem Intensivtagebuch gemacht. ÄRZTE & ÄRZTINNEN IN VORARLBERG Die offizielle Facebook-Gruppe der Ärzteschaft Vorarlberg! Beitreten und immer auf dem aktuellsten Stand sein! Foto: dietmar mathis 16 | Arzt im LändLe 05-2021

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