AiL März 2021

aus der Kammer Gehäuftes Auftreten von Infektionen, seien es Bakterien, Viren, Helminthen oder Prionen zeigen der Gesellschaft, und vor allem dem einzelnen Menschen, sein Ausgeliefertsein. Die Maßnahmen der Behörden greifen in Demokratien in das freie Leben der Menschen ein und erschweren den Schrecken für das einzelne Individuum, rufen aber auch Kritiker vor den Vorhang und lösen Demonstrationen aus. B ei früheren Epi- und Pan- demien waren Pflegende, Ärzte und auch Geistliche häufig Opfer der Seuche. Bei den Pestepidemien im Ländle während des 30jährigen Krieges wurden die Toten in Massengräbern außerhalb der Gemeinde bestattet, ein Bei- spiel ist Pfarrer Elias Brügel in Egg mit 250 Angehörigen aus seiner Pfarrgemeinde. Eines der frühen Pestbücher ist von Ulrich Ellenbog, (* um 1435 Feldkirch †1499 Mem- mingen) verfasste und gedruckte „Instruction wider die Pestilentz“. Ellenbog’s Bibliothek wurde im Bauernkrieg um 1525 im Kloster Ottobeuren geplündert und ist heu- te in alle Welt zerstreut. Kaiserin Maria Theresia ließ 200 arme Kinder in Niederöster- reich mit Blattern inokulieren (die Krankheit auf die Kinder übertra- gen). Dies wurde Variolation ge- nannt, im Gegensatz zur heutigen Vaccination. Bei der Vakzination werden abgeschwächte Erreger ge- nutzt, aktuell bei Covid 19 erstma- lig auch mRNA. Dies ist ein neues Prinzip der Vakzination, das die natürliche Immunabwehr auf T und B Zellebene initiiert, mRNA wird nicht in das Genom einge- baut. Die Habsburgerin trug selbst Pockennarben und ließ auch einige ihrer Kinder 1786 inokulieren, auch weil sie schon eigene Kinder durch Pocken verloren hatte. In Wien gab es neben dem Waisenhaus am Rennweg ein Inokulierhaus, in dem die Einpfropfung der Blattern vor- genommen wurde. All dies fand unter der Aufsicht von Anton von Störck (1731 – 1802), dem Leibarzt Maria Theresias, statt. Den Durch- bruch gegen Blattern erbrachte Ed- ward Jenners Kuhpockenimpfung 1798. Schon länger war bekannt, dass Kuhpocken vor den Blattern schützen, so wurden Kinder mit Kuhpocken absichtlich ausgesetzt, damit die echten Blattern nicht mehr auftreten. Jenner hat seinen Sohn mit Schweinepocken geimpft, einen 8jährigen Jungen mit Kuhpo- cken, nachher den echten Pocken ausgesetzt, eine Pockenkrankheit trat nicht auf, dies hat er in einer Kohorte bestätigt. Bis 1801 soll Jen- ner über 7.500 Menschen mit Kuh- pocken geimpft haben. Wien hat als erste Stadt außerhalb Englands 1799 die erste Kuhpockenimpfung durch Pasqual Joseph Ferro (1153– 1809) durchgeführt. 1 In Vorarlberg ist durch Joseph Gabriel Moosbrug- ger, Chirurg, Gastwirt und Bürger- meister in Bezau am 24. März 1802 die erste dokumentierte Pocken- impfung vorgenommen worden. Im gleichen Jahr hat Dr. Hollen- stein in Lustenau mit der Impfung begonnen. Moosbrugger hat nach- weislich mit Kollegen in Günz- burg, Augsburg, Ulm, Genf, Wien und dem Kreisphysikus Rosenstiel Rücksprache gehalten. 2 Medizinische Archivale Vorarlberg: Von Pest, Blatternpest bis Corona Antonii Störck, Annus Medicus 1760, De Variolis Seiten 155-163, Hausarzt Maria Theresias, geboren altösterreichische Vorderlande in Saulgau 1731, aufgewachsen in einem Waisenhaus in Wien, Dekan und Rektor der Universität Wien, +1803 Im Besitze des Verfassers 6 | Arzt im Ländle 03-2021

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