AIL Juli/August 2020

dem Ärztekammer Vorstand sowie dem damaligen Vorsitz der Krankenkasse präsentierte, war die Begeisterung groß und wir starteten mit der Detailplanung. Rund drei Jahre haben wir am Curriculum gearbeitet und die notwendigen Strukturen geschaf- fen. Dann kam leider die Coronavirus-Krise, die den Start des Projekts dann nochmals auf nun Herbst 2020 verschoben hat. Für wen sind die „afm+seminare“ gedacht? Wer kann alles an diesen Seminaren teilnehmen? Dr. Ebensteiner: Grundsätzlich richtet sich die Seminarreihe an alle Ärztinnen und Ärzte, die sich in der Ausbildung zum All- gemeinmediziner befinden und das Basisjahr bereits absolviert haben, aber natürlich können sich auch bereits fertig ausgebildete Kolleginnen und Kollegen für die Seminarreihe anmelden, wenn Interesse besteht, selbst eine Praxis zu eröffnen. Die Seminarreihe ist so aufgebaut, dass zwar die Semina- re nicht aufeinander aufbauen, jedoch nur beim Besuch aller 18 Termine alle Inhalte optimal vermittelt werden. Daher sollte bei Interessenten schon die Bereitschaft bestehen, drei Jahre in diese Seminarreihe zu investieren. Da es aber als berufsbegleitende Ausbildung konzipiert und auch von den meisten Krankenhäusern bereits als solche aner- kannt ist, werden Ausbildungsärzte für Allgemeinmedizin bei der Anmeldung bevorzugt. Wie sind die Seminare aufgebaut? Dr. Baier: Die Plätze pro Seminar sind auf 30 Personen be- schränkt, denn nur so kann gewährleistet werden, dass die Inhalte interaktiv vermittelt werden und es nicht nur zu reinen Frontal- vorträgen kommt. Unser Wunsch ist es, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Seminar Zeit haben, sich auszutauschen und so von den Erfahrungen der anderen zu profitieren. Die unter- schiedlichen Erfahrungswerte und Ausbildungsniveaus tragen dazu bei, eine vielfältige Fortbildungsreihe zu schaffen. Die Vortragenden sollen vorrangig aus Vorarlberg kommen und selbst eine Praxis führen, so können Beispiele aus dem ech- ten Alltag in die Ausbildung einfließen und direkt mit den Se- minarteilnehmern besprochen werden und die Vernetzung zwi- schen intra- und extramural gefördert werden. Welche Inhalte werden in den Seminaren behandelt? Dr. Ebensteiner: Die Inhalte der Seminare wurden zusammen mit der Medizinischen Privatuniversität Paracelsus erarbeitet und in einem Curriculum zusammengefasst. Die PMU veranstaltet bereits seit 2019 ein Curriculum im Regelbetrieb, welches auf der Salzburger Initiative Allgemeinme- dizin (SIA, Pilotprojekt aus 2012) basiert. Vorrangig werden jene Inhalte vermittelt, die während des Betriebs im Spital kaum oder nur wenig vorkommen, aber dafür im Gegensatz häufig in der Praxis behandelt werden. Eine Beispiel wären im pädiatrischen Bereich die Mutter-Kind-Pass Untersuchungen, in der Geriatrie die häusliche Patientenversorgung und Angehörigenberatung, das Management von Polypharmazie oder die häusliche Palliativ- versorgung. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass beim Umstieg in die hausärztliche Praxis nach der Spitalsausbildung gerade bei den „niederschwelligen“ Gesundheitsproblemen ein Wissens- und Erfahrungsdefizit herrscht, was die evidenzbasierte Behand- lung betrifft. Wir lernen im Spital beispielsweise, wie man den akuten Myokardinfarkt behandelt, aber nicht, wie man chroni- sche Ulcera stadiengerecht behandelt. Als kompetente Hausärzte sollten wir aber beides können! Wie lange dauern diese Seminare? Dr. Baier: Sie dauern grundsätzlich einen Arbeitstag, also im Schnitt von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Die „afm+seminare“ ähneln einer Ringveranstaltung: Pro Jahr finden sechs Termine statt, die Seminarreihe dauert insgesamt drei Jahre. So ergibt sich eine Ge- samtzahl von 18 Seminaren. Nach diesem Pilotprojekt von drei Jahren wird evaluiert und wir hoffen, dass wir die Seminarreihe dann auch in den Regelbetrieb überführen können. Kann man jederzeit in die Seminarreihe einsteigen? Dr. Ebensteiner: Grundsätzlich ist ein Einstieg jederzeit möglich, da die Seminare nicht aufeinander aufbauen. Die einzige Voraus- setzung ist natürlich, dass es noch freie Plätze im Seminar gibt. Zu Beginn des 3-Jahres-Rhythmus findet eine Einführungsveran- staltung statt, in der man alle wichtigen Fragen zu Organisation und Abwicklung erfährt. Das Seminar ist zwar keine Vorausset- zung, aber dennoch sehr hilfreich. Deshalb ist auch angedacht, dieses eine Seminar regelmäßig durchzuführen. Muss ich mich für die Teilnahme an den Seminaren von meinem Arbeitgeber freistellen lassen? Dr. Baier: Mit der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) konnte bereits vereinbart werden, dass die in die Seminarreihe eingeschrieben Teilnehmerinnen oder Teilnehmer bei rechtzei- tiger Bekanntgabe des Fortbildungstages von ihrem Dienst frei- gestellt werden. Mit dem Krankenhaus Dornbirn laufen derzeit noch die Gespräche zu einer ähnlichen Regelung. Wir hoffen auf eine Lösung bis Anfang Juli. Die aktuellen Informationen zu den „afm+seminaren“ sind auf der Ärztekammer Homepage unter „Arzt und Beruf – Fortbildung – afm+seminare“ veröffentlicht und werden regelmäßig aktualisiert. Sobald die Vereinbarung mit der Stadt Dornbirn vorliegt, wird sie dort veröffentlicht. Um Probleme bei der Freistellung zu vermeiden und die Dienstplaner nicht vor unlösbare Besetzungsprobleme zu stellen, empfehlen wir eine Bekanntgabe an die Abteilung von zumindest zwei Monaten im Vorfeld. Wie stehen die KHBG und die Stadt Dornbirn zu diesem Projekt? Dr. Ebensteiner: Neben der soeben erwähnten Freistellung vom Dienst unterstützt die KHBG das Projekt, indem sie jedem einge- schriebenen Teilnehmer bzw. Teilnehmerin ein Fortbildungskon- tingent von sechs zweckgebundenen Fortbildungstagen anstelle der sonst üblichen zwei freien Fortbildungstage ermöglichen. Die Freistellung vom Dienst muss natürlich immer frühzeitig mit der eigenen Abteilung besprochen werden, aber grundsätzlich wird die Freistellung garantiert. Die Fortbildungstage werden auch wie gewohnt bezahlt. Welche anderen Partner unterstützen sonst das Projekt? Dr. Baier: Die Österreichische Gesundheitskasse und die Ärzte- kammer für Vorarlberg unterstützen das Projekt finanziell und mit den notwendigen administrativen Ressourcen. Politisch wurden wir in der Initialen Phase von Landesrat Christian Bern- hard und werden nun durch Landesrätin Martina Rüscher eben- falls tatkräftig unterstützt. Die Paracelsus Medizinische Privat­ universität war bei der Erstellung des Curriculum (Lerninhalte/ Lernziele) maßgeblich. Auch administrative Abläufe konnten ☞ Arzt im Ländle 07/08-2020 | 7

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