AIL Juni 2020

Wie sieht die allgemeinemedizini- scheVersorgung indiesemLand aus? Grundsätzlich gibt es im Irak ein kos- tenloses öffentliches Gesundheitssys- tem, das aber leider infolge der jah- relangen Konflikte sehr gelitten hat. Qualifiziertes medizinisches Perso- nal floh oder wurde getötet, Kran- kenhäuser wurden zerstört, Medi- kamente und Geräte sind nicht wie bei uns verfügbar. In größeren Städ- ten ist die Lage besser, am Land und insbesondere für Randgruppen wie (Binnen-) Flüchtlinge ist die Situati- on sehr schwierig. Welche Aufgaben hast du im Team wahrgenommen. Hast du direkt Patientinnen und Patienten behandelt? Wenn ja, welches waren die häufigsten Krankheitsbilder/-symptome, die du behandeln musstest? Ich selbst hatte die Aufgabe, die ira- kischen Jungärzte zu coachen und zu managen und bei komplizierte- ren Fällen zu unterstützen. Auch die Kooperation mit anderen Organisa- tionen und Krankenhäusern zähl- te zu meinen Aufgaben. Weiters die Datensammlung und Verarbeitung, Erkennung von Trends, Bestellungen sowie regelmäßige Fortbildungen. Ich arbeitete im Normalfall nicht direkt im Behandlungszimmer, es sei denn es gab Unklarheiten oder Probleme. Wie hast du die Kultur/die Gesell- schaft im Land erlebt? Ich habe die Iraker als sehr freundlich erlebt und egal wo man hinkommt, man wird von ihnen herzlichst will- kommen geheißen. Die Kultur war für mich neu, gerade in den ländli- chen Regionen ist alles sehr traditio- nell, in den Städten dafür wieder er- staunlich modern. Die irakische Kü- che ist großartig! Was könnt ihr neben der medizi- nischen Hilfe für Patienten tun? Wir haben als Vermittlung und An- knüpfung an andere Organisationen (für Schutz, Bildung, Essen, Hygiene usw.) fungiert. Außerdem ist es unse- re Aufgabe „Awareness“ zu schaffen. Ärzte Ohne Grenzen berichtet von Missständen vor Ort und versucht durch Gespräche mit Zuständigen der lokalen Behörden sowie interna- tionaler Organisationen und Behör- den Verbesserungen zu erreichen. Was nimmst du von diesem Einsatz imAusland mit? Würdest du es wieder tun? Erstaunt hat mich sehr, wie die Be- richte in den Medien unseren Ein- druck eines Landes formen. Die Be- richte über den Irak beziehen sich quasi ausschließlich auf Krieg und Gewalt, während man vor Ort zum Glück so unglaublich viel mehr und Ärztekammer Vorarlberg www.arztinvorarlberg.at Auf dieser Mauer wurden die Prinzipien und Regeln von Ärzte Ohne Grenzen in arabischer Sprache festgehalten. Speziell im Sommer zur Mittagszeit wirkt das Lager wie verlassen. so viel Schönes erlebt. Sehr toll fand ich auch unser internationales Team. Wie oft hat man schon die Gelegen- heit mit so vielen interessanten und aufgeschlossenen Menschen aus dem Irak, Sudan, Kenia, Dänemark, Bra- silien und Tunesien zusammen zu le- ben und zu arbeiten? Rückblickend würde ich auf je- den Fall wieder einen Auslandseins- atz machen! Wo können sich Interessierte über einen Auslandseinsatz informieren? Beispielsweise finden sich auf der Homepage von Ärzte Ohne Gren- zen viele Informationen und Erfah- rungsberichte. Außerdem gibt es re- gelmäßig Veranstaltungen und Vor- träge über die Möglichkeiten eines Auslandseinsatzes. Vielen Dank für das nette Gespräch! Sie waren selbst imAusland- seinsatz und würden gerne darüber erzählen? Gerne können Sie sich bei der Redak- tion des Arzt im Ländle unter presse@aekvbg.at melden. Arzt im Ländle 06-2020 | 9

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