AIL März 2020

A ls Allheimittel der vorliegen- den Versorgungsprobleme in der Medizin wurden von der Politik die PVE erfunden. Eine grundsätzlich gute Idee, nämlich den Ärzten zu ermöglichen sich zu ver- netzen und andere Gesundheitsberu- fe mit in die Tätigkeit einzubeziehen wurde in ein Gesetz gegossen, das eine Vielzahl an Hürden und Aufla- gen beinhaltet, die es sehr schwer machen, vernünftige und funktionie- rende Modelle in die bestehende Versorgungslandschaft zu integrie- ren, oder die Motivation von derzeit Tätigen zu wecken, solche Modelle zu initiieren oder zu entwickeln. Es wurde zentral vorgegeben, dass jedes Bundesland solche Zentren öffnen muss. Vorarlberg hat deshalb drei solcher PVE im RSG verankert. Nachdem es noch kein konkret herzeigbares Projekt gibt, erleben wir im Land politische Agitation in Sa- chen PVE. Die NEOS stellten eine Landtagsanfrage und scheinen sich hier aktiv einbringen zu wollen. Auch ein ORF-Bericht über Egg soll offen- bar politischen Druck erzeugen. Für den Bregenzerwald gibt es eine Festlegung der Bürgermeister, dass sie weiterhin eine dezentrale Versorgung möglichst peripher er- halten wollen. Wir haben daher im letzten Jahr konkret versucht unter externer Begleitung dort ein PVE als Netzwerk zu entwickeln. Diese Mög- lichkeit ist noch nicht begraben, nachdem aber eine Interessentin und ein Interessent im Lauf der Entwi- ckulungsarbeit abgesprungen sind, ist derzeit offen, ob ein solches Netz- werk noch entstehen kann. M.E. wäre das die einzige sinnvol- le Form eines PVE in ländlichen Ge- bieten. Drei Allgemeinmediziner in Egg (wo ja derzeit schon die zweite Stelle unbesetzbar ist) würden die Standorte Schwarzenberg und An- delsbuch, ev. auch Lingenau vielleicht sogar Bezau wirtschaftlich gefährden, zumal ja die Bevölkerungszahlen nicht veränderbar sind. Unabhängig vom Terminus PVE ist es meines Erachtens fördernswert, dass zusätzliche Behandlungsmög- lichkeiten, die ein Allgemeinmedi­ ziner in seiner Praxis anbietet (im konkreten Fall Physiotherapie und Wundmanagement), bei entspre- chendem Bedarf auch über die ÖGK finanziert werden, entweder in Form von Verträgen für die anderen Be- rufsgruppen oder über eine durchfi- nanzierte Anstellung beim Arzt. Es versteht sich von selbst, dass die Be- darfsprüfung aber über die ÖGK durchgeführt werden müsste. Allerdings besteht unabhängig von der Entwicklung im Bregenzer- wald zeitlicher Druck, die im RSG festgeschriebenen PVE zu etablieren. Die bisher begleiteten Versuche mit jetzt tätigen Kassenärzten ein PVE sozusagen bottom up einzu- richten, scheiterten. Die Dokumen- tationsanforderungen sind sehr komplex und würde recht große Anpassungen der Arbeitsorganisati- on brauchen, in erster Linie sind es aber die Versorgungsverbindlichkei- ten, die entstehen und die in Zeiten von schwer besetzbaren Stellen hin- dern, sich festzulegen und für die Zukunft verbindliche ausgedehntere Öffnungszeiten zu garantieren. Ab- gesehen davon liegen noch keine fer- tigen Honorierungskonzepte vor, sodass es viele Unwägbarkeiten gibt, die bisher nicht überwindbar waren. Wir haben uns daher entschlossen, gemeinsam mit der ÖGK ein Kon- zept zu erarbeiten, wie ein PVE orga- nisiert und betrieben werden kann und werden entsprechend dem ÖSG auch die Orte festlegen, in denen es zukünftig ein PVE geben soll. Wir werden dabei vor allem darauf ach- ten, dass es zu einer möglichst orga- nischen Überführung in diese PVE kommt und bestehende dezentrale Versorgung nicht gefährdet wird. ÖGK Der politische Start der ÖGK ist äu- ßerst holprig. Es treten bereits jetzt auf politischer Ebene die im Konst- rukt der halbjährlich wechselnden Funktionäre die möglicherweise ge- planten Soll-Bruchstellen auf. Der türkise Dachverbandsvorsitzende Lehner macht die roten Funktionäre der Vergangenheit dafür verantwort- lich, dass die ÖGK vermutlich in ein kräftiges Schuldendebakel läuft und die Patientenmilliarde weit und breit nirgends sichtbar ist, sondern die Prognosen von einem Defizit von 1,7 Mrd. € bis 2025 ausgehen. Die ro- ten Funktionäre Reischl, Huss und Teiber sehen die Schuld bei der letz- ten Regierung und machen die Re- formen für das Defizit verantwort- lich. Ich kann die Verantwortlichen im Land nur dringend ersuchen, sich nicht in Eitelkeiten oder politischem Eigennutz zu verstricken, sondern ihre Aufgabe wahrzunehmen, näm- lich eine möglichst optimale Versor- gung ihrer Versicherten zu sichern. Möglicherweise spielt der Kampf in der zentralen Selbstverwaltung nur jenen in die Hand, denen die Selbstverwaltung als solche ein Dorn im Auge ist und die letztend- lich verstaatlichte zentralisierte me- dizinische Versorgung wollen. Einer dem eine solche Haltung und Idee immer wieder zugesprochen wird, ist Wolfgang Sobotka, der das Mas- ter Mind der Sozialversicherungsre- form war. Sollte die Selbstverwal- tung weiter bestehen bleiben wollen, muss meines Erachtens eine Entpo- litisierung und eine Versachlichung der Diskussion erfolgen. Generaldi- rektor Wurzer ließ vor Kurzem die Katze aus dem Sack und meinte das zukünftige Defizit mit einem Kon- solidierungskurs abfangen zu wol- len, der keine Leistungen kürzt son- dern zB bei Verträgen mit Ärzten. Wenn er ernsthaft in diese Richtung marschieren will kann das nur in ei- nem vertragslosen Zustand enden. Darauf sei bereits sehr frühzeitig hingewiesen. ... aus der Kurie Niedergelassene Ärzte VON VP KURIENOBMANN MR DR . BURKHARD WALLA PVE VP Kurienobmann MR Dr. Burkhard Walla AUS DER KAMMER ARZT IM LÄNDLE 03-2020 | 5

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