AIL März 2018

Im April 2015 präsentierten Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und die inzwischen verstorbene Ge- sundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) den Gesetzes- entwurf für ein neues Tabakgesetz. Dieser sieht vor, dass ab Mai 2018 alle Gastronomiebetriebe rauchfrei sein müssen. Sonderregelungen wie getrennte Raucherräume entfallen. „Die bestehende Regelung funktioniert nicht“, sagt Mitter- lehner. Etwa 15.000 Anzeigen gab es wegen Nichteinhaltens des Rauchverbots. Der Wirtschaftsminister vermutet aber eine „gro- ße Dunkelziffer“. Der Schutz würde in praktisch allen europäi- schen Ländern durchgezogen. „In Österreich hatten wir eine halbherzige Lösung.“ Jährlich sterben fünf Millionen Menschen [weltweit] an Folgen vonTabakkonsum, hinzu kommen 600.000 Tote durch Passivrauchen. „Wir erwarten einen Rückgang der allgemeinen Raucherinzidenz“, sagt Oberhauser. In Ländern, die bereits ein generelles Rauchverbot haben, sei schon in den ersten Monaten eine „deutliche Reduktion von Herz-Kreislauf- Erkrankungen“ zu sehen gewesen.“ (Der Standard, 10.04.2015) Mit den Stimmen der damaligen Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP sowie der Grünen wurde das Gesetz am 8. Juli 2015 beschlossen. So weit, so gut. Eigentlich konnte sich damals niemand vorstellen, dass – trotz einiger Kritik und Vorbehalte von Sei- ten der NEOS und der FPÖ – dieses Thema Anfang 2018 noch einmal für so viel Aufregung und politischen Diskussionen sorgen sollte. DieVernunft und das Bemühen umdie Gesund- heit hatten offensichtlich gewonnen. Und doch ist seit dem Spätherbst 2017 wieder alles anders. Die neue Regierung einer ÖVP/FPÖ-geführten Koalition hat sich dazu entschlossen, dieses Gesetz nicht zur Durchführung zu bringen und die alte Regelung mit getrennten Raucher-/Nichtraucherbereichen in Lokalen beizubehalten. Hinzukommen sollen – durchaus sinnvolle, wenn auch in ihrer Durchführ- und Kontrollierbar- keit zweifelhafte – Ergänzungen hinsichtlich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor den Folgen des Tabakkon- sums.Mit dieser Entscheidung bleibt Österreich, was das Rau- chen anbelangt, einmal mehr Schlusslicht in Europa. Bereits im Dezember 2017 erhielt eine vielbeachtete und breit unterstützte Kampagne der Österreichischen Krebshilfe unter demTitel dontsmoke.at innerhalb nur weniger Tage über 470.000 Unterstützungserklärungen. DieVollversammlung der Österreichischen Ärztekammer beschloss am 15.12.2017 ein- stimmig eine Resolution zumNichtraucherschutz (Faksimile). Am 2. Februar 2018 erfolgte die Anmeldung des Volksbegeh- rens ebenfalls unter dem Titel DON’T SMOKE im Innenmi- nisteriumdurch dieWiener Ärztekammer und die Österreichi- sche Krebshilfe. Die Landesärztekammern – so auch die Ärzte- kammer für Vorarlberg – unterstützen diese Initiative. „Die Initiative ist ein Volksbegehren für den Nichtraucher- schutz. Wir akzeptieren die Freiheiten von Rauchern wie jeder andere auch. Wir wollen lediglich, dass eine Grenze dort gesetzt wird, wo es für Nichtraucher aus medizinischer Sicht massive gesundheitliche Bedenken gibt.“ (Dr. Thomas Szekeres). Mit Stand 25. Februar 2018 waren rund 369.718 Unter- stützungserklärungen für das Volksbegehren eingegangen. Selbst in Journalistenkreisen – in der Vergangenheit in puncto Rauchen auf Grund eigener Gewohnheiten wohl eher zurück- haltend – regen sich Widerstand und Kritik. Dies ist wohl zu einem Gutteil dem Tod des Journalisten Kurt Kuch geschul- det, der 2015 an den Folgen von Lungenkrebs verstarb. Dass die Bundesregierung trotz dieser deutlichen Zeichen und ge- gen jede gesundheitspolitische Vernunft an ihren Plänen fest- halten will, lässt eigentlich nur ratlos den Kopf schütteln. Ihr Präsident MR Dr. Michael Jonas Einstimmig beschlossene ÖÄK-Resolution zum nichtraucherschutz am 15.12.2017: „Die Ärztinnen und Ärzte in der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekam- mer stehen nach wie vor hinter dem in der letzten Legislaturperiode von der Bun- desregierung beschlossenen, nach dreijähriger Übergangszeit mit 1. Mai 2018 ein- tretenden Rauchverbots in der heimischen Gastronomie. Diesbezüglich spricht sich die Ärzteschaft mit aller Entschiedenheit gegen eine Aufhebung dieses Rauchver- bots durch die kommende Bundesregierung aus und gibt ein klares Bekenntnis zum Nichtraucherschutz nach europäischem Vorbild ab! Ein Drittel aller Krebserkrankun- gen in Österreich sind auf das Rauchen sowie das passive „Mitrauchen“ zurückzu- führen und 13.000 Österreicherinnen und Österreicher sterben jährlich an den Fol- gen des Tabakkonsums. Es ist auch wissenschaftlich belegt, dass Passivrauchen die- selben gesundheitlichen Schäden wie aktives Rauchen verursacht. Schon alleine aus diesem Grund darf es – auch zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gastronomiebetrieben – zu keiner Aufweichung, sondern es muss vielmehr zu einer Verschärfung des Nichtraucherschutzes kommen. Die Mehrheit der europäischen Länder hat bereits vor Jahren Rauchverbote eingeführt und das generelle Rauchver- bot in der Gastronomie zählt in Europa von Island bis Zypern sowie von Spanien bis in die Ukraine zum Standard, dem sich Österreich endlich anschließen muss. Die Ausweitung des Nichtraucherschutzes führt zu einer signifikanten Abnahme von Herzinfarkten, Atemwegserkrankungen und Frühgeburten. Die Rücknahme des tota- len Rauchverbots in der Gastronomie wäre ein gesundheitspolitischer Rückschritt. Nichtraucherschutz und die Ausweitung von Rauchverboten retten Leben! In diesem Sinne wird die Ärzteschaft bei einer tatsächlichen Aufhebung des ursprünglich be- schlossenen Rauchverbots in der Gastronomie ab 1. Mai 2018 direktdemokratische Initiativen zur Beibehaltung dieser Regelung prüfen und unterstützen.“ Nichtraucherschutz c E t E R U M ARZT IM LÄNDLE 03-2018 | 3

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