UMFRAGE

Die Zahlen sind alarmierend: Den Spitalsärztinnen und Spitalsärzten geht zunehmend die Freude an der Arbeit verloren. Nur 62 Prozent von ihnen würden wieder den Arztberuf ergreifen, wenn sie noch einmal die Chance zur Berufswahl hätten. Der Grund dafür liegt an den Arbeitsbedingungen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Spitalsärzteumfrage der Bundeskurie angestellte Ärzte der Österreichischen Ärztekammer. Wer jetzt glaubt, die Ergebnisse spiegeln vor allem die Stimmung und die Zustände in den östlichen Ballungsgebieten, irrt gewaltig. Fast 30 Prozent aller Vorarlberger Spitalsärztinnen und Spitalsärzte haben an der Befragung teilgenommen, das ist österreichweit die höchste Teilnahmequote. Ein Grund mehr, besorgt zu sein.

Nicht erst seit der letzten Umfrage im Jahr 2019 fordert die Vorarlberger Ärztekammer bessere Arbeitsbedingungen in den heimischen Spitälern. Das entsprechende Ergebnis von heuer: 60 Prozent der Befragten gaben an, dass die Arbeit im Krankenhaus in den vergangenen fünf Jahren unangenehmer geworden ist. Diese Zahlen sind ein deutlicher Hilferuf sowohl an das Spitalsmanagement als auch an die Politik. Und die Vorarlberger Ärztekammer wird dafür sorgen, dass dieser auch gehört wird.

Doch wo liegen die Ursachen für diesen besorgniserregenden Trend? Auch das lässt sich aus der Befragung ganz deutlich herauslesen: Neben mangelnder Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit, zu langen wöchentlichen Arbeitszeiten, zu vielen Überstunden und Nachtdiensten sowie zu wenig Teilzeitmodellen machen den Kolleginnen und Kollegen vor allem der Personalmangel und die zunehmenden Patientenströme sowie der damit einhergehende Druck zu schaffen. Wenn sich daran nicht bald etwas ändert, können sich nur die wenigsten der Befragten vorstellen, den Job im Spital bis zum Alter von 65 Jahren zu machen – siehe nachfolgende Grafik.

Frage zur Grafik oben: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bei gleichbleibender Belastung Ihre derzeitige Tätigkeit im Spital auch noch ausüben können, wenn Sie 65 Jahre alt sind? (Angaben in Prozent)

Bund und Land sind daher dringend aufgefordert, endlich eine verbindliche Patientenlenkung zur Entlastung der Spitalsambulanzen einzuführen. Im neuen Regierungsprogramm ist das zwar als Ziel formuliert, ob das auch umgesetzt wird, bleibt allerdings abzuwarten, Priorität wird diesem Vorhaben jedenfalls keine zuerkannt.

Weitere belastende Faktoren für die Zufriedenheit beim Arbeiten im Spital sind viel zu viel Verwaltungsaufgaben und Patientendokumentation. Die aktuelle Spitalsärzteumfrage zeigt, dass 39 Prozent der Arbeitszeit für Administration aufgewendet werden müssen. Zeit, die für die Versorgung der Patientinnen und Patienten fehlt. All die teure und intensive medizinische Ausbildung, um dann stundenlang Schreibkram zu erledigen? Ein Wahnsinn, wie die nachfolgende Grafik zeigt.

Frage zur Grafik oben: Wie viel Prozent Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit verwenden Sie für die angeführten Tätigkeitsbereiche?

Beide – Spitalsmanagement und Politik – müssen die Arbeitsbedingungen in den heimischen Spitälern dringend verbessern, wenn sie ärztliches Personal finden und halten wollen, um damit die Patientenversorgung zumindest auf derzeitigem Niveau gewährleisten zu können. Die von der Politik bereits zugesagte Anpassung der Grundgehälter ist nur ein Schritt dorthin. Viele weitere müssen folgen. Das sollte auch dringend berücksichtigt werden, wenn es im Rahmen des Spitalscampus Vorarlberg zu Umstrukturierungen in den Häusern kommt. Und es müssen bei diesem Prozess alle Betroffenen eingebunden werden, hier braucht es Transparenz. Es reicht nicht, wenn nur einige zufrieden sind.